Schon mal einem weltweit führenden Restaurateur über die Schulter geschaut ?

Wir hatten die seltene Gelegenheit, im Rahmen unserer Busreise mit Oldtimer-Freunden  Anfang März 2020 Einblicke in die Arbeit  von KIENLE Automobiltechnik in Heimerdingen zu nehmen. Schon in der Verkaufshalle standen perfekt restaurierte 300SL, 600er und Vorkriegsmodelle von Mercedes dicht an dicht. Auch ein früher Porsche 911 hatte sich hierher verirrt. Aber es sollte noch besser werden.

In der ersten Werkshalle bekamen wir feuchte Augen. Es standen ca. 25 wunderschöne Fahrzeuge in verschiedenen Stadien der Restauration herum und warteten darauf, fertig komplettiert zu werden. Die Einzelteile waren sorgfältig auf Fächerwägen gelagert. Anders ist es wohl auch nicht möglich, das Sammlerstück wieder komplett zu montieren. Der Mechaniker, der das Auto zerlegt hat, baut es auch wieder zusammen. Darauf wird bei Kienle viel Wert gelegt.

In der Sattlerei hingen unzählige Lederhäute und Stoffe von der Decke. Und das in allen möglichen Farben und Mustern, die sich der Kunde aussuchen kann. Hier werden Sitze und Armaturenbretter neu bezogen. In Regalfächern findet sich das komplette Interieur von den Fahrzeugen, alles detailliert beschriftet. Vom Radio über Armlehnen und Sitze bis hin zum Dachhimmel.

Weiter ging es in die Motoren- und Aggregate-Halle. Mehrere Prüfstände für Motoren, Einspritzventile usw. versetzen Kienle in die Lage, die Aggregate nach der Instandsetzung komplett auf Herz und Nieren zu prüfen. Es gibt nicht viele Werkstätten, die ein Prüfgerät für 6-Stempel-Einspritzpumpen zur Verfügung haben.

In der Karosseriehalle waren einige bis auf den Rohrrahmen gestrippte 300SL zu bestaunen. Die Blechbearbeitung grenzt schon an Kunsthandwerk. Aus einem flachen Blech zaubern die Karosseriebauer schwungvoll geformte Kotflügel, teilweise sogar ohne Lehre, nur mit der Vorlage des Originals. Bei so mancher Restauration tauchen auch Kotflügel auf, die mehr aus Spachtelmasse als aus Blech bestehen. Häufig ist dies bei amerikanischen Fahrzeugen der Fall, die im Laufe der Jahre mal repariert und nicht restauriert wurden.

Wer das nötige Kleingeld hat, kann seinen Klassiker auch für Rallyes vorbereiten (und falls es mal von der Strecke abkommt, wieder reparieren) lassen.

Weiter ging es ins Werk II. Hier sind hauptsächlich Mercedes 600 zu bestaunen. Egal, ob als Pullman oder Landaulet-Ausführung. Kienle hat sie alle. Ein besonderes Highlight dieser Modelle ist, dass vieles mit Druckluft gesteuert wird. So sind z.B. die Fensterheber nicht mechanisch, sondern mit Druckluft angesteuert. Auf einem eigens dafür gebauten Prüfstand stellen die Mechaniker die Fensterheber so ein, dass sie im Fahrzeug perfekt funktionieren. Nach all diesem Bestaunen brennt es einem unter den Fingern, selbst in eine der Preziosen zu steigen und los zu fahren. Das bleibt aber dem Geschäftsführer von Kienle überlassen, der alle Fahrzeuge selbst einer Fahrprüfung unterzieht, bevor sie an den Kunden zurückgehen. Und er findet wohl immer noch Geräusche und Teile, die nicht so sind, wie sie sein sollten. Dann kommen die Mechaniker noch mal zum Zuge.

Für uns ging es im Großraumbus weiter.


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